Sarah Lang, Ursula Gärtner
Als Output des Sparkling Science-Projektes Fabula docet – Wer will schon saure Trauben? Grazer Repositorium antiker Fabeln (GRaF), gefördert vom österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (bmbwf), wurde in Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Klassische Philologie und dem Zentrum für Informationsmodellierung (ZIM) der Karl-Franzens-Universität Graz ein Repositorium antiker Fabeln entwickelt.
Unter der Leitung von Ursula Gärtner wurde nicht nur eine Edition einer repräsentativen Menge an Primärtexten fachdidaktisch aufbereitet, sondern zur Ergänzung der Primärtexte auch ein fachwissenschaftliches Webportal aufgebaut. Die griechischen und lateinischen Primärtexte selbst werden von einer Übersetzung begleitet und mit Vokabel-, Sach-, Stilistik-, Metrik- und Grammatikangaben angereichert. Fragen zum Text mit dazugehörigen Lösungsvorschlägen werden für jede Fabel im Interpretationsbereich angeboten.
Hierbei wurden jeweils auch textkritische Fragen berücksichtigt. Vergleichstexte in Originalsprache sind mit Übersetzung in einem zusätzlichen Datenstrom verfügbar. Sie können zur Beantwortung der Fragen hinsichtlich intertextueller Bezüge verwendet werden. Hinzu kommt ein kurzes Glossar antiker Autoren mit ihren Hauptwerken. Fachwissenschaftliche Einleitungstexte zur antiken Fabel und zur Textkritik sowie zu den Autoren Aesop, Avian, Babrios und Phaedrus werden neben einer Bibliographie zur antiken Fabel bereitgestellt.
Eine technische Dokumentation sowie Editionsrichtlinien stehen neben den detaillierten Metadaten aus den TEI-Header-Elementen zur Verfügung. Diese vermitteln nicht nur Zusatzinformationen über die Texte selbst, sondern erlauben, die Genese der Ausarbeitungen im Zuge von Citizen Science durch am Projekt beteiligte Schulklassen anhand der Verantwortlichkeiten nachzuvollziehen. Ein Metadaten-Reiter bietet ausführliche Informationen über sowohl Verantwortlichkeiten und Quellentexte als auch weitere für BenutzerInnen möglicherweise relevante Informationen, wie etwa die Zuordnung einzelner Texte zu passenden Modulen des österreichischen Lehrplans. Aufgrund der Lizenzierung als Creative Commons CC-BY-NC kann das Repositorium überdies als Open Educational Resource (OER) bezeichnet werden.
Ziel ist, möglichst umfassende wissenschaftliche Ressourcen zum Thema der antiken Fabel für Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Studierende und ein wissenschaftlich interessiertes Publikum gleichermaßen bereitzustellen. Die angebotenen Texte sind in TEI/XML kodiert und in der GAMS-Infrastruktur des Zentrums für Informationsmodellierung langzeitarchiviert. Die auf einem Bootstrap-Template basierende Webrepräsentation und die LaTeX-basierten PDF-Druckversionen der Texte werden mithilfe von XSLT-Stylesheets nach dem Single Source-Prinzip on the fly dynamisch generiert. In der Webrepräsentation bietet das Repositorium eine gewisse Interaktivität in dem Sinne, als Zusatzinformationen hinzu- oder weggeschaltet werden können. Aufgrund der Schwierigkeiten, die sich in der Langzeitarchivierung und vor allem der dauerhaften Erhaltung der Funktionalität einer im strengen Sinne ‘interaktiven Lernplattform’ ergeben, wurde hier auf weitere Interaktivität bewusst verzichtet. Das Repositorium ist damit eine lernendenorientierte Digitale Edition1, deren Inhalt eine born digital-Textausgabe zum Thema der antiken Fabel darstellt.
Es handelt sich beim GRaF-Repositorium weder um eine ‘digitale Lernplattform’ noch um ein ‘Learning Management System’.2 Als ‘digitale Textausgabe’, die zwar schülerinnen- und schülergerecht aufbereitet ist, aber doch wissenschaftlichen Anspruch hat, erlaubt GRaF einem weiten Publikum, von Schülerinnen und Schülern bis hin zu Bachelorstudentinnen und -studenten, erste Erfahrungen im wissenschaftlichen Umgang mit Fabeltexten zu machen. Das Angebot von PDF-Druckversionen richtet sich primär an Lehrende, die durch dieses Angebot an Arbeitsblättern digitale mit analogen Lehrmethoden verbinden können (sog. Blended Learning).
Die Edition wurde mit 30.09.2019 nach einer Projektlaufzeit von 2 Jahren abgeschlossen, eine zukünftige Erweiterung mit neuen Texten im Zuge eines Folgeprojekts ist allerdings nicht ausgeschlossen.
Anmerkungen:
1 Vgl. auch: Schwinghammer und Schneider 2017.
2 Zur Begriffsbestimmung und kategorischen Einordnung des Repositoriums im Bereich digitaler Lernressourcen vgl. Lang und Spielhofer 2020.
Literatur:
- Sarah Lang, Lukas Spielhofer: Digitale Lernplattformen und Open Educational Resources im Altsprachlichen Unterricht I. Technische Spielräume am Beispiel des ›Grazer Repositorium antiker Fabeln‹ (GRaF). In: Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften. Wolfenbüttel 2020. text/html Format. DOI: 10.17175/2020_004. http://www.zfdg.de/2020_004.
- Sarah Lang: Die Fabel lehrt – Fabula docet. Das Grazer Repositorium antiker Fabeln als fachdidaktische digitale Ressource, 87-102, in: Krešimir Matijević (Hg.): Funktion und Aufgabe digitaler Medien in Geschichtswissenschaft und Geschichtsunterricht (Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft Geschichte und EDV, 3), Computus Druck: Gutenberg 2020.
- Schwinghammer, Ylva und Gerlinde Schneider. 2017. „swer so(e) gehoer gelese daz puech. Die deutschsprachige Marginalüberlieferung der Seckauer Margaretenlegende aus der Grazer Handschrift UB, Ms. 781 als Grundlage einer revisionssensiblen, lernerorientierten Digitalen Edition.“ In Textrevisionen. Beiträge der Internationalen Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft für germanistische Edition, Graz, 17. bis 20. Februar 2016, herausgegeben von W. Hofmeister und A. Hofmeister-Winter, Tübingen, 19-32.