Digitale Edition

Weißbuch

Mittelhochdeutsche Begriffsdatenbank (MHDBDB) TEI Download

Peter Hinkelmanns, Katharina Zeppezauer-Wachauer

Auf der Grundlage digitaler Editionen wird der mhd. und fnhd. Wortschatz seit den 1970er-Jahren in der Mittelhochdeutschen Begriffsdatenbank (MHDBDB) onomasiologisch, also über die Wortbedeutung, erschlossen (begründet durch Klaus M. Schmidt, Bowling Green State University). In mehreren technischen Stufen und einer 1992 durchgeführten Zusammenschließung mit dem Projekt Namen in deutschen literarischen Texten des Mittelalters von Horst Pütz (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) ist die MHDBDB, die seit 2002 an der Universität Salzburg installiert ist, mittlerweile auf über 10 Millionen Tokens, verteilt auf über 650 Texteditionen unterschiedlichster Textsorten und -gattungen, angewachsen. Die Editionen sind zum Großteil vom Projekt nachdigitalisierte Printeditionen, mittlerweile ergänzen aber auch erste Born-Digital-Editionen das Korpus.

Seit 2016 wird der Relaunch der MHDBDB vorbereitet, dessen Ziel neben einer gestalterischen ‚Rundumerneuerung‘ in puncto Bedienung, Abfragemöglichkeiten und Webdesign vor allem die Standardisierung der Daten ist. Die bestehenden Texte der Datenbank werden nach TEI-XML kodiert. Zukünftig sollen überwiegend genuin digitale TEI-Editionen aufgenommen und auf eine Retrodigitalisierung weitestgehend verzichtet werden.

Bereits heute sind komplexe Suchanfragen zur Literatur und zum Wortschatz des Mittelhochdeutschen möglich. Es können Textstellen etwa über die Suche nach dem Vorkommen eines oder mehrerer zueinander in Beziehung stehender lemmatisierter Tokens, aber auch über die onomasiologischen Begriffe des Begriffssystems gesucht werden. Auch kombinierte Suchen können durchgeführt werden, um etwa zwischen Wortbedeutungen zu unterscheiden. Beispielsweise führt der Wortartikel druc mehrere Bedeutungen an: 1) Schlacht, 2) Willensausübung auf andere, 3) Zweikampf, 4) Physikal. chem. Eigenschaften, 5) Buchherstellung/Buchdruck. Auch Informationen zur Wortbildung und zu Wortfamilien listet der Wortartikel – zu druc etwa die Nomina druckerîe (Druckerei) und drucker (Buchdrucker).Suchanfragen können in beliebiger Kombination durchgeführt werden, beispielsweise in welchen Texten druc in der Bedeutung 5) Buchherstellung/Buchdruck gebraucht wird oder ob und wie die lateinische Wortvariante editum in der Bedeutung edieren, herausgeben verwendet wird (einmal übrigens in Heinrich Münsingers Regimen sanitatis, einmal bei Priester Konrad).

Um beliebig viele linguistische Annotationsebenen wie etwa Part-Of-Speech (POS) oder Phrasen- und Satzstrukturen annotieren zu können, werden zukünftig die linguistischen Annotationen im Stand-Off-Verfahren mit Linked Open Data (LOD) auf die Tokens der Texte bezogen und nicht wie bisher auf die graphematischen Types im Wortartikel. Dieses Verfahren ermöglicht weiters das Hinzufügen von Metadaten zu jeder Annotation, etwa um deren Autorschaft zu kennzeichnen.Sämtliche Daten werden im Zuge des Relaunches als LOD in das Semantic Web eingebunden und (abseits der TEI-Editionen) nach LOD-Standards codiert. Die Vernetzung mit Metadatenrepositorien wie Wikidata oder der Gemeinsamen Normdatei (GND) ermöglicht das wechselseitige Anreichern der Daten und wird wesentlich zu einer besseren Abfragbarkeit des MHDBDB-Korpus beitragen. Normdaten zu Personen, Orten, Ereignissen und Werken werden des Weiteren auch die Auffindbarkeit und Filterung der Texte des Korpus vereinfachen.

Der Relaunch der MHDBDB wird nicht nur zu erheblichen Vorteilen für diejenigen führen, die selbst nach Wörtern, Zeichenketten, Wortarten und Begriffen suchen möchten. Zusätzlich können auch Editorinnen und Editoren ihre digitalen Editionen als externe Korpora in die Begriffsdatenbank einbinden und so automatisch POS annotieren und lemmatisieren, mit einer onomasiologischen Systematik (dem Begriffssystem) erschließen und über Normdaten anreichern. Die Benützbarkeit und Sichtbarkeit der Editionen wird damit maßgeblich – ohne besonderen Aufwand für die Herausgeberinnen/Herausgeber – verbessert und ausgeweitet werden.

Literatur:

  • [MHDBDB 3.0] Hinkelmanns, Peter, and Zeppezauer-Wachauer, Katharina. In press. “ez ist ein wârheit, niht ein spel, daz netze was sinewel. Die MHDBDB im Semantic Web”. In Bamberger interdisziplinäre Mittelalterstudien, edited by Ingrid Bennewitz, and Martin Fischer.
  • [MHDBDB 3.0] Hinkelmanns, Peter. 2019. “Mittelhochdeutsche Lexikographie und Semantic Web: Die Anbindung der ‚Mittelhochdeutschen Begriffsdatenbank‘ an Linked Open Data”. In: Digitale Mediävistik, edited by Roman Bleier, Franz Fischer, Torsten Hiltmann, Gabriel Viehhauser, and Georg Vogeler. Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung 24, no. 1: 129–141. DOI: 10.1515/mial-2019-0009.
  • [MHDBDB 2.0] Schmidt, Klaus M., and Pütz, Horst P. 2001. “Die mittelhochdeutsche Begriffsdatenbank”. Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 130, 493–495.
  • [MHDBDB 1.0] Schmidt, Klaus M. 1978. “Errungenschaften, Zukunftsmusik und Holzwege auf dem Gebiet der inhaltlichen Textanalyse mit Hilfe des Elektronenrechners”. In: Maschinelle Verarbeitung altdeutscher Texte III. Beiträge zum Symposion Tübingen 17. - 19. Februar 1977, edited by Paul Sappler, and Erich Straßner. Tübingen: Niemeyer. Maschinelle Verarbeitung altdeutscher Texte 3, 101–111.

Informationen:

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Katharina Zeppezauer-Wachauer (Koordination), Peter Hinkelmanns, Daniel Schlager, Klaus M. Schmidt

Institutionen: Universität Salzburg – Interdisziplinäres Zentrum für Mittelalter und Frühneuzeit (IZMF)

Fördergeber: Universität Salzburg

Website: http://mhdbdb.sbg.ac.at

Zitiervorschlag:

Hinkelmanns, Peter; Zeppezauer-Wachauer, Katharina 2021. Mittelhochdeutsche Begriffsdatenbank (MHDBDB) . In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.236. PID: o:konde.p14

Metadata:

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