Geiger, Bernhard C.; geiger@ieee.org
Ein Dramennetzwerk ist ein Netzwerk, dessen Knotenmenge die Menge (bzw. eine Obermenge, in einem bipartiten Netzwerk) der Figuren eines Dramas ist. Wie in jedem anderen Netzwerk stellen die Kanten die Relationen zwischen den Figuren dar. Interessant ist, dass ein Drama auf verschiedene Arten als Netzwerk dargestellt werden kann (Trilcke 2013, Sec. II.2):
- Als einfaches Netzwerk: Z. B. können Kanten zwischen zwei Figuren darstellen, dass diese Figuren gleichzeitig gemeinsam auf der Bühne standen bzw. in der selben Szene aufgetreten sind.
- Als gewichtetes Netzwerk: Z. B. kann das Kantengewicht proportional zur Anzahl der Szenen sein, in denen die Figuren gemeinsam aufgetreten sind.
- Als bipartites Netzwerk: Z. B. kann eine Kante zwischen einer Szene und einer Figur darstellen, dass diese Figur in jener Szene aufgetreten ist.
- Als gerichtetes Netzwerk: Z. B. kann eine gerichtete Kante von Figur A nach Figur B bedeuten, dass A mit B sprach bzw. dass B nach A einen Sprechakt hatte.
- Als signiertes Netzwerk: Z. B. kann eine positiv (negativ) gewichtete Kante von Figur A nach Figur B darstellen, dass A mit B in einem Freundschaftsverhältnis steht (verfeindet ist). (Nalisnick; Baird 2013)
Dramennetzwerke dienen nicht nur der graphischen Darstellung eines Dramas, sondern ermöglichen auch eine quantitative Analyse (Dramennetzwerkanalyse). Ferner können sie sowohl manuell (durch Close Reading, Moretti 2011) als auch automatisiert (z. B. durch XML-Parsing) erzeugt werden. Verständlicherweise liefern diese beiden Ansätze durchaus unterschiedliche Netzwerke. Inwieweit die automatisierte Erzeugung eines Dramennetzwerkes sich auf die Ergebnisse der Dramennetzwerkanalyse auswirkt, ist Gegenstand aktueller Forschung. (Fischer et al. 2018, Klimashevskaia et al. 2020)
Literatur:
- Nalisnick, Eric T; Baird, Henry S. 2013. Extracting Sentiment Networks from Shakespeare's Plays. In: Proc. 12th International Conference on Document Analysis and Recognition 12th International Conference on Document Analysis and Recognition (ICDAR). Washington, DC, USA, S. 758–762.
- Moretti, Franco. 2011. Network Theory, Plot Analysis. In: Literary Lab Pamphlet 2.
- Trilcke, Peer. 2013. Social Network Analysis (SNA) als Methode einer extempirischen Literaturwissenschaft. In: Empirie in der Literaturwissenschaft. Hrsg. von Philip Ajouri, Katja Mellmann und Christoph Rauen. Münster, S. 201–247.
- Fischer, Frank; Trilcke, Peer; Kittel, Christopher; Milling, Carsten; Skorinkin, Daniil. 2018. To Catch a Protagonist: Quantitative Dominance Relations in German-Language Drama (1730–1930). In: Digital Humanities. Mexico City.
- . In: “To be or not to be central” – On the Stability of Network Centrality Measures in Shakespeare’s “Hamlet”.