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Interdiskursivität (Fokus: Literaturwissenschaft – Bsp. Musil) TEI Download PDF Download

Boelderl, Artur R.; artur.boelderl@aau.at / Fanta, Walter; walter.fanta@aau.at / Mader, Franziska; franziska.mader@aau.at

Engen traditionelle Formen der Kommentierung das jeweilige Textkorpus in seiner Bedeutungsvielfalt eher ein, so zielt die Annotation von Interdiskursivität darauf, dessen vielschichtige Bedeutungsebenen in einer nicht einschränkenden, nicht urteilenden Weise im Rahmen der Kommentierung an die User einer Digitalen Edition zu vermitteln. Dazu werden die in der literaturwissenschaftlichen Forschung bereits nachgewiesenen Intertextualitätszusammenhänge in eine Kommentarstruktur gebracht, die es erlaubt, Antworten auf die Fragen zu geben, welche sich bei der Textlektüre stellen.

Interdiskursivität bezeichnet dabei (im Anschluss an Foucaults Diskursanalyse (1973 & 1991) und deren Rezeption bei Jürgen Link (1997)) jene zwischen einzelnen (Spezial-)Diskursen vermittelnde Dimension des Kommentars, die den edierten Texten, insbesondere solchen der literarischen Moderne, auch selbst eignet und an die der Kommentar unmittelbar anschließen kann, denn: „In den literarischen [Inter-]Diskurs Musils und Brochs gehen andere Diskurse […] auf sehr reflektierte Weise ein [...].“ (Martens 2006, S. 46, kursiv i. O.) Diese anderen Diskurse werden als Referenztexte (jedenfalls als bibliographischer Nachweis, nach technischen und rechtlichen Möglichkeiten darüber hinaus als Textauszüge bzw. Volltexte) in die Digitale Edition eingebunden, wodurch ein Netz von Verweisungszusammenhängen entsteht, welches User entsprechend ihren eigenen Lektüreverläufen und Erkenntnisinteressen durchsuchen und abrufen können.

Abgelegt werden die Verweisungszusammenhänge im analog zum textgenetischen Dossier (TGD) benannten interdiskursiven Dossier (IDD). Dort werden unter <profileDesc> als diskursive Knotenpunkte Begriffe (<term>) definiert und mit XML-IDs versehen, die sich nach Bezugsgröße in Themen (subjects) und Diskurse (discourses) differenzieren und, wo möglich und sinnvoll, an Normdatenbanken angegliedert werden (Bsp. 1). Auf diese wird sodann im <text> unter Zuweisung zum jeweiligen Referenztext verwiesen (Bsp. 2).

Bsp. 1:

<profileDesc>
    <textClass>
        <classCode scheme="#GND">
            <term xml:id="s001" type="subject">Edition</term>
        </classCode>
    </textClass>
</profileDesc>

Bsp. 2:

<text>
    <body>
        <div>
            <head>"über Musil"</head>
            <div resp="#FM" corresp="#s001">
                <head>Wilhelm Bausinger: Studien zu einer historisch-kritischen Ausgabe
                von Robert Musils Roman "Der Mann ohne Eigenschaften"</head>
                <p><quote sameAs="bib.xml#bib_bausinger_studien_1964"
                source="bausinger_studie_1964#pb_002">"Im fiktionalen Zusammenhang des 
                Romans hat die Wendung, die in der "Hasenkatastrophe" eher Metapher, 
                eigentlicher Ausdruck eines Gefühls des Feuilletonisten war, für den 
                Frauenmörder Moosbrugger direkte und tatsächliche, eigentliche 
                Bedeutung gewonnen. Auf diese Weise ist ihr bedrohlicher Gehalt 
                manifest geworden; und Musil kann sie (ob in bewußtem Gedanken an 
                die Stelle in seinem Roman, darf hingestellt bleiben) in dem 
                Feuilleton nicht stehen lassen."</quote> 
                <ref corresp="musil_nzl_1935.xml#nzl_bil_hasmusil_moe"/></p>
            </div>
        </div>
    </body>
</text>

Dieser Beitrag wurden im Kontext des FWF-Projekts "MUSIL ONLINE – interdiskursiver Kommentar" (P 30028-G24) verfasst.

Literatur:

  • Foucault, Michel. 1973. Archäologie des Wissens. Frankfurt am Main.
  • Foucault, Michel. 1991. Die Ordnung des Diskurses. Frankfurt am Main.
  • Link, Jürgen. 1997. Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe: eine programmierte Einführung auf strukturalistischer Basis Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe. München.
  • Martens, Gunther. 2006. Beobachtungen der Moderne in Hermann Brochs Die Schlafwandler und Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften: rhetorische und narratologische Aspekte von Interdiskursivität Beobachtungen der Moderne in Hermann Brochs Die Schlafwandler und Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften. München.

Zitiervorschlag:

Boelderl, Artur R.; Fanta, Walter; Mader, Franziska 2021. Interdiskursivität (Fokus: Literaturwissenschaft – Bsp. Musil). In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.19. PID: o:konde.19

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